Planung, Beschreibung und Analyse der Durchführung des Unterrichts

Hier könnt ihr, die gesamte Unterrichtsplanung zur »Miró-Unterrichtseinheit« von mir lesen.

 

Allgemeine Angaben zur geplanten Unterrichtsstunde:
Klassenstufe: 3
Fach: Kunst
Thema der Unterrichtseinheit: Joan Miró (Formen, Zeichen, Farben und Materialien
Thema der Stunde bzw. der Unterrichtssequenz: Mirós Formen, Zeichen, Farben

  1. Vorraussetzungsanalyse (Lernvorraussetzungen der SchülerInnen und Merkmale des schulischen Kontextes)
    Die Klasse besteht aus 15 SchülerInnen (8 Mädchen und 7 Jungen) im jetzigen Alter von zumeist 8 bzw. 9 Jahren. Drei Schüler kamen mit Beginn des 3. Schuljahres, 1 Schülerin und ein Schüler nach den Herbstferien 2013 neu in die Lerngruppe hinzu.Von den 15 SchülerInnen der Klasse stammen 6 aus Familien mit Migrationshintergrund (russisch- sprachiges Elternhaus, polnisch-, türkisch-, ungarisch), von denen ein Junge im Sommer 2013 ohne jegliche Deutschkenntnisse hinzukamen.
    (Diesen 6 SchülerInnen der Klasse stehen zusammen mit 2 Schülern der Parallelklasse laut schulischer Stundentafel lediglich 2 Wochenstunden Förderunterricht im Bereich DAZ (Deutsch als Zielsprache) zu, der zudem häufig für Vertretungsunterricht im Krankheitsfall entfällt. Gleiches gilt für die eigentlich vorgesehenen 2 Wochenstunden präventiver Förderung im Rahmen der sonderpädagogischen Grundversorgung, an der neben 3 Kindern aus genannter Gruppe weitere 3 Kinder der Klasse teilnehmen.)
    Der Förderbedarf der meisten Kinder liegt dabei eindeutig im Fach Deutsch (Wortschatzerarbeitung u. -erweiterung, sinnerfassendes Lesen, Wiedergabe/Verbalisierung v. Textinhalten und Grammatikarbeit). Daher legt der Klassenlehrer trotz Verdichtung des Lehrplans im Fach Deutsch Wert darauf, dass täglich eine Geschichte nach häuslicher Vorbereitung von einer/einem SchülerIn der Klasse vorgelesen und besprochen wird.Nach Aussagen des Klassenlehrers, der die Lerngruppe selbst erst mit Beginn des 3. Schuljahres als Klassenlehrer übernommen hat und nach meinen Beobachtungen, ist es trotz der schwierigen Ausgangssituation durch permanente Betonung und Stärkung des Wir-Gefühls und Bevorzugung der Partner- und Gruppenarbeit gelungen, inzwischen ein Sozialverhalten der gegenseitigen Achtung von Stärken und schwächen sowie ein Lernklima zu schaffen, in dem die SchülerInnen ohne Angst Hilfe vom Lehrer oder Mitschülern/innen einfordern können und leistungsstärkere Kinder freiwillig leistungsschwächeren helfen.
    Der Klassenlehrer beschreibt den Leistungsstand der Klasse für alle Fächer als zu je einem Drittel als sehr hoch motiviert und leistungsstark mit breitgefächerten Vorkenntnissen (in Abhängigkeit sozialer Herkunft und Elternhaus), einem mittleren Drittel sowie einem Drittel, das fächerübergreifen besonderer Hilfen und Zuwendung im Unterricht bedarf.Trotz der oben beschriebenen Probleme im mündlichen u. schriftlichen Sprachgebrauch sowie einiger Konzentrationsprobleme einzelner Kinder zeigt die Klasse insgesamt eine hohe Lernmotivation und Leistungsbereitschaft;  dies gilt vor allem für die Bereiche im Lernfeld der ästhetischen Erziehung (Musik/Kunst/Bewegung), denen der Klassenlehrer bewusst viel Zeit einräumt.
    Die genannte Motivations- und Interessenlage der Kinder spiegelt sich auch darin wieder, dass bis auf 2 Ausnahmen alle Kinder der Klasse im Rahmen der offenen Ganztagsschule mindestens 2mal wöchentlich am „Lernatelier“ (=Hausaufgabenhilfe) und an diversen Nachmittagsangeboten teilnehmen.Abgesehen von der hohen Anzahl der Kinder mit Migrationshintergrund und Förderbedarf sieht der Klassenlehrer —auch angesichts der für ihn erstmalig derart geringen Schülerzahl mit entsprechender Zeit für das einzelne Kind— kein im Vergleich zu anderen Klassen der Schule hervorzuhebende Besonderheiten; dies gelte sowohl für die Anzahl der Kinder von alleinerziehenden Müttern oder der Kinder, die außerschulische Hilfen (vom Jugendamt, Logopädie, Psychotherapie, etc.) in Anspruch nähmen.
  2. Positionierung der Unterrichts(doppel)stunde innerhalb der Unterrichtseinheit
    Die vorliegende Unterrichtsstunde ist als Einstieg in die Unterrichtseinheit mit dem Thema „Begegnung und Auseinandersetzung mit Werken ausgewählter Künstler der Moderne“ gedacht, in der im weiteren Verlauf neben Joan Miró exemplarisch ausgewählte Werke von Paul Klee, Franz Marc und Wassily Kandinsky zum Unterrichtsgegenstand gemacht werden könnten.

    • Thema der Stunde (1./2. Std.) : Kreativer Umgang mit Zeichen, Formen und Farben in Anlehnung an das Bild „Die Fluchtleiter“ von Joan Miró (1940)
    • Weiterer Verlauf der Unterrichtseinheit:
      Miros poetische Bilder (3./4. Std.)
      Mirós Materialvielfalt (5./6. Std.)
      Präsentation, Reflexion und Bewertung im Klassenverband (7. Std.)
      Planung der Präsentation, Erstellen v. Infotafeln zu Joan Miró für die Schulöffentlichkeit (8./9. Std.)
  3. Intentionen und (Leit-)ziele
    Grobziele:

    • Die Schüler sollen durch Begegnung und Auseinandersetzung mit dem Werk „Die Fluchtleiter“ von Joan Miró dessen wesentliche Gestaltungselemente (Formen, Farben, Zeichen, „Wesen“) kennenlernen und so
    • ihr individuelles Repertoire an technischen Mitteln und ästhetischen Ausdrucksmöglichkeiten weiterentwickeln un
    • am bildnerischen gestaltungsprozess Freude empfinden und ihre Fantasie und Kreativität experimentell einsetzen
      Feinziele:

      • Die Fantasiegeschichte „Ein Traum?“ aufmerksam hören, ihre Gefühle und Vermutungen dazu verbalisieren
      • ihre Assoziationen und Gefühle zu präsentieren Gestaltungselementen/Bildausschnitten aus Mirós Werk „Die Fluchtleiter“ äußern und die Elemente beschreiben
      • die jeweils im „Hörspiel“ beschriebenen Elemente/Wesen in einem Angebot mehrerer „Wesen“ identifizieren und sortieren
      • sich zum Ausgang der Geschichte äußern
      • bei der Präsentation des Werkes „Die Fluchtleiter“ ihre Gefühle äußern
      • im Werk von zuvor besprochene und weiter Bildelemente wiedererkennen
      • die im Bild bevorzugten Farben nennen
      • wahldifferenziert in Einzel- Partner- oder Gruppenarbeit aus einem Angebot von Material und Vorgehensweisen individuelle Gestaltungsmöglichkeiten in Anlehnung an Miró erproben
      • ihre Produkte der Lerngruppe präsentieren, ihre Handlungsschritte, Ideen u. Assoziationen dabei verbalisieren
        Prozessuale Ziele: Die SchülerInnen sollen

        • in der Partner- und Gruppenarbeit gemeinsam Entscheidungen treffen und sie umsetzen können
        • ihre produkte und die ihrer MitschülerInnen zunehmend kritisch sachbezogen würdigen können
  4. Inhaltliche und thematische Analysen und Entscheidungen

    • Sachanalyse
      Unter dem Begriff „Moderne“ wird das spannungsvolle, von künstlerischen Revolutionen geprägte Zeitfenster von 1870 bis 1970 zusammengefasst.
      Auf der Suche nach Ursprünglichkeit und elementaren Ausdrucksformen fanden Künstler der Moderne erstmalig zu freien, experimentierenden „kinderleichten“ Gestaltungsformen als Ausdrucksmöglichkeiten (vgl. Stegmann/Zey 2001, 91 ff.)
      Joan Miró lebte von 1893 bis 1983 in Spanien. Ab ca. 1920 bezog er viele moderne Kunstströmungen un seine Arbeiten ein und begann seine Bilder zunehmend mit seiner für ihn typisch verwendeten Bild- und Symbolsprache zu füllen. Miró fasste Malerei als eine Art visuelle Poesie auf. Für seinen weiteren künstlerischen Werdegang spielten der Surrealismus und Paul Klee eine wesentliche Rolle (Sieben-Pröschl, S. 2003, 6 ff.)
    • Begründung der Themenwahl — didaktische Überlegungen
      Die Auswahl des Themas erfolgte in Absprache mit dem Klassenlehrer, der gleichzeitig Kunst „fachfremd“ in der Klasse unterrichtet. Er sah sofort fächerübergreifende Aspekte (Deutsch/Aufsatzerziehung: Fantasiegeschichten mit Mathematik: Geometrische Körper, Flächen und Muster) der geplanten Unterrichtsreihe und ermunterte mich zur Umsetzung des Vorhabens auch unter Hinweis auf den schuleigenen Stoffverteilungsplan für das Fach Kunst, der die geplante Thematik für die Klasse 3 und 4 ausdrücklich fordert.
      – Die Lebenswelt und die Vorerfahrung der Kinder als Anknüpfungspunkt ist gekennzeichnet durch eine reizüberflutung von Bildern im Alltag (Werbung gedruckt, im TV, Medien- und Computerwelt), in der Keine Zeit zum Verweilen, Durchschauen bleibt. Die Verlängerung der bewussten Wahrnehmung an einem Bild/Kunstwerk kann dem entgegenwirken.
      – Auch Bilder und Werke der Kunst der Moderne gehören als Massenware inzwischen zur Lebenswelt der Kinder. Als Poster oder als Aufdruck von Alltagsgegenständen (z.B. K. Hearing→Toilettenbrillen) finden sie sich in vielen Haushalten.
      – Die Beschäftigung mit Werken ausgewählter Künstler der Moderne kann zu einem erweiterten Verständnis des Kindes von Kunst („Was ist Kunst?“) und so zur Erschließung der Umwelt beitragen
      – Sowohl das Produkt als auch der eigene bildnerische Arbeitsvorgang sowie die geplante Präsentation bieten Anlass und Raum für vielerlei Kommunikationsprozesse
      – Die Begegnung und aktive Gestaltung mit den „kinderleichten“ (s.o. 4.) Ausdruckselementen Mirós kann vorhandene Blockaden beim künstlerischen Tun abbauen, Versagungsängste mindern, Entlastungsfunktion haben und damit auch wesentlich zur Bildung der Gesamtpersönlichkeit beitragen

      »Kunstwerke sind dann zur Vermittlung geeignet, wenn ungewöhnliche Materialqualitäten zum Nachgestalten und Experimentieren reizen, aus dem Alltag Vertrautes in anderen Zusammenhängen endeckt wird und zu Wiedererkennen führt, wenn Motive die Fantasietätigkeit und das Nachdenken anregen, wenn die Produktionsverfahren Berührungspunkte zu eigenem ästhetischen Verhalten im Spiel aufweisen oder wenn Irritationen entstehen, zugleich jedoch Neugierde und Wissbegierde hervorgerufen werden.« 
      (Kirchner, C. 2001, 23)

  5. Methodenentscheidungen/ Entscheidungen zum Medieneinsatz/ Differenzierung

    • Der Einstieg erfolgt mit dem Schrittweisen Abspielen der Fantasiegeschichte „Ein Traum?“ vom recorder, wodurch mir (anders als beim eigenen Vorlesen) mehr Zeit für die Beobachtung der Kinder und ihrer Reaktionen bleibt.
      • Die ebefalls schrittweise Darbietung einzelner Elemente/Wesen (auf Folie – Overheadprojektor / Bildausschnitte) hat – gegenüber dem sofortigem Zeigen des Gesamtbildes – den Vorteil des längeren Verweilens und „Durchschauens“.
      • Die große Bandbreite der Wahlmöglichkeiten hinsichtlich der Arbeits- und Sozialformen sowie des Gestaltungsprozesses mit mehreren Materialangeboten ermöglicht größtmögliche künstlerische Freiheit und Binnendifferenzierung entsprechend der Kreativität und Selbsteinschätzung der Kinder
  6. Analyse und Reflexion der durchgeführten Stunde
    Wie erhofft hatten die eingesetzten Medien (Hörspiel-Fantasiegeschichte, Bildelemente, das Gesamtbild) im ersten Teil der Doppelstunde eine hohe Motivation und führten zu lebhaften Schüleräußerungen, die sie gelegentlich die bekannten Gesprächsregeln vergessen ließ. Die Lerngruppe arbeitete aber stets Konzentriert. Bei der Verbalisierung ihrer Gefühle und Assoziationen wurden bei einigen SchülerInnen sprachliche Probleme deutlich, die sich auf deren Migrationshintergrund oder ihre Aufgeregtheit zurückführen lassen. der Klassenlehrer stellte das Aufgreifen der Fantasiegeschichte im Deutschunterricht in Aussicht, was von den SchülerInnen mehrheitlich begrüßt wurde.
    In der Gestaltungsphase wählten die meisten Schüler die Partnerarbeit; daneben bildete sich eine Arbeitsgruppe aus vier Mädchen sowie zwei Jungen, die die Einzelarbeit bevorzugten. Die Mädchen wählten aus den Vorgehensweisen die Umsetzung mit selbstgezeichneten, Miró-ähnlichen Wesen/Elementen, während die Jungen sehr häufig auf die Schablonen und Umrisszeichnungen zurückgriffen. Alle SchülerInnen unterbrachen häufig ihre eigene Arbeit, um an anderen Tischen deren Tätigkeiten und Vorgehensweisen zu begutachten und zu kommentieren, z.T. führte dies zu Änderungen oder Ergänzungen ihres Handlungsplans.
    Die zeitlich bedingte Beendigung des Gestaltungsprozesses durch den Lehrer führte zu Unmutsäußerungen, da die meisten „ihre Geschichte“ noch nicht gestalterisch zu Ende „gedacht“ hatten.
    Aus diesem Grund wurde die geplante Präsentations- und Reflexionsphase ausgesetzt und die Weiterarbeit für den nächsten Tag versprochen.